Samstag, 12. Februar 2011
Ein Trost
Es ist schon eine Weile her, aber es war in dieser bitterkalten Jahreszeit, dass auf dem Bürgersteig eine Frau in Puschen von mir stand, auch sonst nur leicht bekleidet und mit einer Kaffetasse in der Hand. Es war eine alte Frau, keine ältere. Sie war winzig, baute sich aber vor mir auf und sagte:

„Junge Frau, Sie wissen doch sicher, wo ich wohne!“

Ich reagierte erst einmal mit Verblüffung: „Nein, wo wohnen Sie denn?“ „Ja, das weiß ich auch nicht! Mein Schwiegersohn hat mich da hin gefahren.“ Nun war klar, dass hier etwas getan werden musste, und ich hatte die Idee, die Frau zu mir in die Wohnung zu bitten auf ein weiteres Tässchen Kaffee. Oh, da war sie ohne Zieren dabei.

Während der Zubereitung rief ich die Polizei zu Hilfe, und als wir am Tisch plauderten, klingelte auch wirklich ein junger Mann in Uniform. Er wurde von der alten Frau interessiert zur Kenntnis genommen. Aber auch diesem netten jungen Mann konnte sie ihren Namen nicht sagen, er war ihr so wenig gegenwärtig wie ihre Adresse. Da wurde der Polizist aber amtlich, und kommando-
mäßig fragte er: „Name?“ Rumms, gab das Gedächtnis diese Information frei, und mit Hilfe der modernen Technik konnte ihre „Wohnung“ ermittelt werden, ein Heim in recht beachtlicher Entfernung. Zufrieden ließ sich die Frau im Auto dorthin fahren, wo man sie in Anbetracht des Wetters schon sorgenvoll vermisste.

Nun, das wenigstens ist doch ein Trost, für mich ist die Bedrohung, im Alter die Orientierung zu verlieren, denkbar gering.

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